Das Netzwerktreffen der „Phase Nachhaltigkeit“ fand statt im Foyer der ARCHITEKTENKAMMER.NRW. - Foto: Christof Rose/Architektenkammer NRW

"Phase Nachhaltigkeit": Weniger kann Mehr sein

Einfach zu bauen - das bedeutet nicht unbedingt, einfach zu planen. Das wurde schon im Eröffnungs-Talk der Veranstaltung „Einfach bauen“ der Initiative „Phase Nachhaltigkeit“ der Bundesarchitektenkammer und der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGBN) in der Architektenkammer NRW in Düsseldorf klar. „Reduktion will durchdacht sein“, unterstrich der Präsident der Architektenkammer NRW, Ernst Uhing, in der Veranstaltung am 14. Dezember im Düsseldorfer Medienhafen. Es bedürfe daher der Kompetenz der Architektenschaft und innovativer Planungen

16. Dezember 2022von Simon Adenauer

Grundsätzlich herrsche in der Frage, einfach zu planen und zu bauen, kein Wissensmangel, sondern ein Umsetzungsmangel, betonte auch AKNW-Hauptgeschäftsführer Markus Lehrmann. „Die von der Architektenschaft lange geforderte Treibhausgasbilanz ist nun mit dem Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) bereits in die Fördersystematik einbezogen worden. Wir gehen davon aus, dass diese holistische Betrachtung in Zukunft zum Standard wird.“ Boris Schade-Bünsow (Chefredakteur Bauwelt) ergänzte: „Nachhaltigkeit ist kein Zustand, sondern ein Prozess.“

Auf die Frage der Moderatorin Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand der DGNB, welche Zukunftsthemen in dem Themenfeld Nachhaltigkeit zu bearbeiten seien, verwies Kammerpräsident Ernst Uhing auf das Prinzip des „Cradle to Cradle“ für Neubauten sowie auf den Vorstoß der Architektenkammern, einen neuen „Gebäudetyp E“ in das Baurecht einzuführen - wobei des „E“ sowohl für „einfach“ als auch für „experimentell“ stehe. „Wir müssen uns insbesondere um den Bestand bemühen“, führte Ernst Uhing aus, „denn hier liegt die Chance, durch Umbau, Nachverdichtung oder Aufstockung den dringend erforderlichen Wohnungsbau zu realisieren.“ Die sogenannte Experimentierklausel der nordrhein-westfälischen Landesbauordnung (§ 69 - Abweichungen) könne hierbei im Sinne einer Umbauordnung zur Anwendung kommen.

Natürliche, heimische Materialien

Auch in den Praxisvorträgen des Netzwerktreffens der „Phase Nachhaltigkeit“ wurde ein verantwortungsvoller Umgang mit bestehenden Architekturen und Baumaterial betont. Architekt Martin Haas (haascookzemmrich STUDIO2050, Stuttgart) stellte den neuen Hauptsitz von „Alnatura“ in Darmstadt vor, der als ressourceneffizientes Gebäude aus natürlichen, heimischen Materialien errichtet worden sei. „Wir müssen mit der Natur arbeiten, nicht gegen sie“, spitzte Haas den Anspruch zu. Er betrachte ein nachhaltiges Wirtschaften als eine ethische Frage. Insofern müsse beim Planen und Bauen der Mensch mehr in den Vordergrund gerückt werden.

Architekt Thomas Pagel stellte mit dem „Konzept 2226“ den Ansatz vor, Gebäude ohne Heizung, ohne Lüftung und ohne Kühlung zu planen - und trotzdem eine „Behaglichkeitstemperatur von konstant 22 bis 26 Grad zu bieten“. Thomas Pagel (Baumschlager Eberle Architekten, Düsseldorf) betonte, dass gleichwohl die Qualität eines Gebäudes im Mittelpunkt stehen müsse. Ein wichtiger Aspekt sei dabei eine langfristige Nutzbarkeit, wozu sein Büro u.a. größere Geschosshöhen für ein gutes Raumklima anstrebe und weniger Gebäudetechnik einsetze. „Es ist unsere Aufgabe, auch die Bauherrenschaft davon zu überzeugen, dass einfach bauen auch zu mehr Qualität und Komfort führen kann“, zeigte sich der Hildener Architekt überzeugt.

Forschungsprojekt „3Häuser“

Laura Franke vom Lehrstuhl für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen der TU München zeigte das Forschungsprojekt „Einfach bauen“ in Bad Aibling. Hier wurden drei nahezu baugleiche Gebäude aus unterschiedlichen Materialien errichtet: Holz, Hochlochziegel und Dämmbeton. Neben einer reduzierten Gesamtkonzeption waren thermische Trägheit, Kompaktheit und Fensterfläche Themen des Forschungsprojektes, das von der Bundesregierung über das Programm „Zukunft Bau“ gefördert wurde.

Prof. Elisabeth Endres von der TU Braunschweig zeigte in ihrem Vortrag „Einfach robust - aber wie?!“ Planungskonzepte, um Gebäuden eine möglichst lange Lebensdauer zu geben. „Wir wissen, dass wir mit Technik keine Energie sparen. Wir rechnen uns die Technik schön, aber der Nutzer verhält sich anders“, so ihre pointierte Aussage. Weniger Technik einzusetzen, spare nicht nur Geld und Aufwand, sondern könne oftmals einen Mehrwert bieten. Richtig sei beispielsweise im Schulbau die Rückbesinnung auf natürliche Lüftungskonzepte.

In der Abschlussdiskussion wurde deutlich, dass alle am Bau Beteiligten gefordert sind, die Anforderungen einer nachhaltigen Bauweise mit dem Anspruch auf eine hohe Qualität der Umsetzung zu verbinden. Insgesamt dürfe bei der aktuellen technischen Entwicklung der Mensch als Nutzer und das Ziel einer hohen Baukultur nicht aus dem Blick geraten.

Weitere Informationen: www.einfach-bauen.net

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