Verhandlungsverfahren

Beim Verhandlungsverfahren ohne Planungswettbewerb wird die Qualität der Leistungen anhand von in der Vergangenheit erbrachten Leistungen (Referenzen) und leistungs-, personalbezogenen sowie projektorganisatorischen Aussagen abgeschätzt. Die Qualität der Planungsleistung wird somit auf Basis von Prognosen bewertet. Lösungsvorschläge für die konkrete Bauaufgabe liegen in der Regel nicht vor.

Unterschiede zum Planungswettbewerb

Das Verhandlungsverfahren ohne vorgelagerten Planungswettbewerb erfordert in der Regel einen Teilnahmewettbewerb. Eine zuvor definierte Anzahl von Bewerbern wird anhand ihrer Eignung und Leistungsfähigkeit im Teilnahmewettbewerb vom Auftraggeber ausgewählt. Hierfür müssen in der Bekanntmachung angemessene Eignungskriterien benannt werden. Die ausgewählten Bewerber werden zur Abgabe eines Erstangebots aufgefordert, die Gegenstand der Auftragsverhandlungen sind. Nach Erhalt und Prüfung der endgültigen Angebote wird anhand der vorgegebenen Zuschlagskriterien der Bieter ausgewählt, der den Zuschlag erhält.

Auch im Rahmen des Verhandlungsverfahrens ohne vorgelagerten Planungswettbewerb besteht die Möglichkeit, Lösungsvorschläge ausarbeiten zu lassen. Deren Bewertung ist Teil der Zuschlagskriterien. Die Qualität der einzelnen Beiträge ist in einem nachvollziehbaren, an sachlichen Kriterien orientierten Entscheidungsprozess zu bewerten. Ein unabhängiges Gremium unter Einbeziehung fachlich qualifizierter Berater zur Beurteilung der Lösungsvorschläge ist zwar nicht vorgeschrieben, aber im Sinne der Akzeptanz der Vergabeentscheidung dringend zu empfehlen.

Da die VgV grundsätzlich mindestens drei Bieter zur Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen vorschreibt (§ 51 Abs. 2 und 3 VgV), können daraus Honoraransprüche resultieren, die das gesamte Preisgeld eines Planungswettbewerbs regelmäßig übersteigen können. Zu berücksichtigen ist, dass auch bei diesem Verfahren Kosten für die Vorbereitung, die Formulierung der Aufgabenstellung, die Vorprüfung und die fachliche Unterstützung bei der Bewertung der Lösungsvorschläge anfallen.

Die Beteiligung der Öffentlichkeit während des Verfahrens ist ausgeschlossen.

Ablauf eine Verhandlungsverfahrens

Bekanntmachung und Teilnahmewettbewerb

Bekanntmachung und Teilnahmewettbewerb

Die Bekanntmachung erfolgt in der Regel in Form einer Auftragsbekanntmachung über eine öffentlich zugängliche Vergabeplattform bzw. das EU-Amtsblatt und definiert den offiziellen Start des Vergabeverfahrens.

Im Gegensatz zum Planungswettbewerb müssen im Verhandlungsverfahren alle Vergabeunterlagen bereits mit der Auftragsbekanntmachung zur Verfügung gestellt werden. Hierzu gehören neben den Eignungs- und Zuschlagskriterien auch bereits die vollständigen Vertragsunterlagen.

Die folgenden Verfahrensbedingungen sind bereits in der Bekanntmachung abzubilden:

  • Kurzbeschreibung der Planungsaufgabe
  • Beschreibung der Verfahrensart
  • Eignungskriterien zur Teilnahme
  • Auftragsabsicht
  • Terminschiene des Verfahrens
  • Anzahl der Bieter
  • Verfahren zur Auswahl der Bieter

Der Großteil der Auftragsbekanntmachungen ist im EU-Amtsblatt zu finden.

Einerseits werden dort alle Aufträge oberhalb der EU-Schwellenwerte veröffentlicht, andererseits können auch unterschwellige Vergabeverfahren freiwillig dort veröffentlicht werden. Unterschwellige Vergabeverfahren werden alternativ auf den nationalen Vergabeplattformen veröffentlicht, erreichen dort aber ggf. nicht alle interessierten Planer. Es wird daher die Veröffentlichung im EU-Amtsblatt für alle Vergabeverfahren empfohlen.

Die Bewerbung erfolgt üblicherweise über zur Verfügung gestellte Bewerbungsbögen. Ein Muster für Bewerbungsbögen und für eine EU-Bekanntmachung können Sie demnächst hier herunterladen.

Das Muster für eine EU-Bekanntmachung bietet Textbausteine für einfache und faire Vergabeverfahren. Verhandlungsverfahren, die nach dem Muster durchgeführt werden, sind so gestaltet, dass sich auch junge und kleine Büroorganisationen am Verfahren beteiligen können, aber gleichzeitig eine ausreichende Sicherheit für die Auslober geboten wird, dass der anschließende Auftrag durch ausreichend qualifizierte Planer durchgeführt wird.

Nach Eingang der Bewerbungen werden die Teilnehmer auf Basis der bekanntgemachten Eignungskriterien ermittelt. Es wird auch für Verhandlungsverfahren ausdrücklich ein Losverfahren auf Basis von Mindestkriterien empfohlen. Die ausgelosten Bieter (zumeist 3-5) bilden das Teilnehmerfeld für das Verhandlungsverfahren. Im Gegensatz zum Planungswettbewerb werden die ausgewählten Bieter nicht bekanntgegeben, sondern unterliegen der Verschwiegenheit des Gesamtverfahrens.

Vergabeunterlagen

Vergabeunterlagen

Die Vergabeunterlagen sind vollständig zur Veröffentlichung zur Verfügung zu stellen.

Folgende Unterlagen gehören in der Regel zu den Vergabeunterlagen:

  • Beschreibung des Vergabeverfahrens
  • Matrix der Zuschlagkriterien
  • Projektbeschreibung
  • Vertragsunterlagen

In einer Beschreibung des Vergabeverfahrens werden die formalen Kriterien des Verfahrens dargestellt. Hierzu gehört der Ablauf des Verfahrens, Angaben zu den von den Bietern geforderten Angaben zum Angebot sowie Ansprechpartner. Außerdem wird das Bewertungsverfahren (Zuschlagskriterien) beschrieben.

Die Zuschlagskriterien werden zusätzlich über eine Matrix dargestellt, die üblicherweise über eine Tabelle abgebildet wird. Hier werden alle Kriterien formuliert, die für die Bewertung der Angebote herangezogen werden sollen. Die nachträglich weitere Unterteilung in Unterkriterien ist nicht zulässig. Die Bepunktung sollte so gewählt werden, dass sie gut und für die Bieter nachvollziehbar begründet werden kann. In den Musterdokumenten stellen wir demnächst eine Zuschlagsmatrix mit üblichen Kriterien und Bewertungsmaßstäben zur Verfügung.

Zu den Vergabeunterlagen gehört üblicherweise eine kurze Projektbeschreibung. Hier werden grobe Eckdaten des Projekts dargestellt und Ziele des Auftraggebers z.B. in Bezug auf Kosten und Termine definiert.

Die Vertragsunterlagen müssen ebenfalls bereits möglichst vollständig veröffentlicht werden. Informationen, die noch nicht vorliegen, wie z.B. Honorarparameter, werden nach Vertragsabschluss ausgefüllt.

Bearbeitungsphase

Alle ausgewählten Bieter werden zur Abgabe von Erstangeboten aufgefordert. Üblicherweise erhalten die Bieter 30 Kalendertag für die Erstellung ihrer Angebote.

Die Angebote werden in der Regel vollständig digital über eine Vergabeplattform eingereicht.

Vorprüfung

Vorprüfung

Die eingegangenen Angebote werden durch die Vergabestelle oder einen Verfahrensbetreuer auf Vollständigkeit geprüft. Anschließend folgt die inhaltliche Prüfung zur Vorbereitung der Verhandlungsgespräche. Da die Angebote anhand der Zuschlagsmatrix bewertet werden, kann auch die Prüfung anhand dieser Kriterien erfolgen. Offene Fragen werden für das Verhandlungsgespräch formuliert.

Verhandlungsgespräche

Verhandlungsgespräche

Im Rahmen der Verhandlungsgespräche erhalten alle Bieter die Möglichkeit, ihre Angebote zu vor dem Bewertungsgremium des Auftraggebers zu präsentieren. Der Auftraggeber kann offen Fragen stellen. Es ist zu beachten, dass alle Bieter gleichbehandelt werden. Allgemeine Fragen sollten daher allen Bieter einheitlich gestellt werden. Es wird empfohlen, nach jedem Bietergespräch eine vorläufige Bepunktung der Zuschlagskriterien vorzunehmen und hierzu jeweils kurze Begründungen zu formulieren. Nach der Vorstellung des letzten Bieters kann die Bepunktung dann vergleichend noch einmal angepasst werden.

Im Anschluss an die Verhandlungsgespräche sollte dem Bieter die Möglichkeit zur Überarbeitung seines Angebotes gegeben werden, da häufig wichtige Fragen und Erkenntnisse erst im Rahmen der Verhandlungsgespräche erörtert werden. Erfahrungsgemäß können Bieter auf dieser Basis insbesondere ihre Honorarangebote noch einmal reduzieren.

Zuschlagserteilung

Zuschlagserteilung

Nach der Auswertung der finalen Angebote werden Informationsschreibung nach § 134 GWB an die unterlegenen Bieter verschickt. Der obsiegende Bieter erhält eine Information, dass er den Zuschlag erhalten soll. Nach einer Wartefrist von mindestens 10 Kalendertagen kann der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt werden.

Der vergebene Auftrag wird über das EU-Amtsblatt bekanntgemacht.

Empfehlungen zu Eignungskriterien im Verhandlungsverfahren

Empfehlungen zu Eignungskriterien im Verhandlungsverfahren

Die Eignungskriterien müssen nach § 122 (4) GWB so gewählt werden, dass sie mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen.

Die Eignungskriterien dürfen nach § 122 (2) ausschließlich die Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit sowie die technische und berufliche Leistungsfähigkeit betreffen. Eignungskriterien sind bei geeigneten Aufgabenstellungen so zu wählen, dass kleinere Büroorganisationen und Berufsanfänger sich beteiligen können (vgl. § 75 (4) VgV).

Unter anderem können Referenzen zur Prüfung der technischen Leistungsfähigkeit herangezogen werden. Referenzen sollten als Mindestanforderungen formuliert werden und nicht zur Durchführung eines Rankings herangezogen werden, da Rankings meist zur Bevorteilung großer, erfahrener Büroorganisationen führen. Referenzanforderungen müssen mit der Planungsleistung vergleichbar sein. Dabei ist es in der Regel unerheblich, ob der Bewerber bereits Objekte derselben Nutzungsart geplant oder realisiert hat (vgl. § 75 (5) VgV).

Die AKNW empfiehlt folgende Referenzanforderungen:

  • Referenzzeitraum von 10 Jahren
  • Referenzgröße von bis zur Hälfte der geplanten BGF
  • Vergleichbarkeit zur Komplexität über die Forderung der gleichen Honorarzone
  • Forderung der zu vergebenden Leistungsphasen

Um auch kleineren Büroorganisationen und Berufsanfängern die Möglichkeit der Teilnahme zu geben, werden folgende Regelungen empfohlen:

  • Zulässigkeit von persönlichen Referenzen der Projektleitung, um Tätigkeiten aus vorherigen Bürozugehörigkeiten zu berücksichtigen.
  • Nachweis der o.g. Kriterien über mehrere Referenzen zulassen, sodass z.B. BGF und Honorarzone in verschiedenen Bauvorhaben nachgewiesen werden können.
  • Nachweis auch der vollständigen Leistungsphasen über mehrere Referenzen, da viele Büros nur Planung oder nur Ausführung machen und sich so als Bewerbergemeinschaft trotzdem beteiligen können.

Weitere Informationen

Der Leitfaden zur VgV bietet weitere Informationen zur Gestaltung von Vergabeverfahren.

Ihre Ansprechpartner*innen

 Michaela Zimmermann
Michaela Zimmermann

Erstinformation energieeffizientes Bauen, Anerkennung von Veranstaltungen externer Fortbildungsträger, Wettbewerbs- und Vergabewesen

Telefon 0211 49 67-19fortbildung-anerkennung@aknw.de
Dipl.-Ing. Architektin
Dipl.-Ing. Architektin Christine Dern

Techn. Fragen des Bau- und Planungsrechts, Wettbewerbs- und Vergabewesen

Telefon 0211 49 67-55berufspraxis@aknw.de