Ausschreibung von Bedarfs- und Wahlpositionen

01. Februar 2001von hp, Februar 2001

Architekt G. aus H. wendet sich mit folgendem Problem an die Rechtsberatung der AKNW: "Ich schreibe im Auftrag eines öffentlichen Auftraggebers Bauleistungen für die Errichtung eines Bibliothek-Anbaus aus. Mein Entwurf des Leistungsverzeichnisses enthält mehrere 'Bedarfs- und Wahlpositionen'. Nun hält der zuständige Sachbearbeiter meines Auftraggebers dies für unzulässig, da so die Transparenz im Vergabeverfahren verloren gehe und zugleich die Wertung der Angebote angreifbar gemacht werde. Wie ist die Rechtslage?"Bedarfs- oder Eventualpositionen sind im Leistungsverzeichnis aufgeführte Teilleistungen, bei denen zum Zeitpunkt der Ausschreibung nicht feststeht, ob sie überhaupt benötigt werden. Wahl- oder Alternativpositionen sind solche, die alternativ an Stelle einer anderen ausgeführt werden können. Sie betreffen also das "wie" der Ausführung. Gemeinsam ist beiden Positionen, dass der Auftraggeber sich eine Entscheidung über die mögliche Beauftragung für eine späteren Zeitpunkt vorbehält. Dies steht grundsätzlich im Widerspruch zu der von § 9 Nr. 1 Satz 1 VOB/A postulierte "eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung". Dennoch dürfen Bedarfs- und Wahlpositionen ausnahmsweise verwendet werden, soweit zwingende und nachprüfbare Gründe hierfür vorliegen.Über den erlaubten Umfang solcher Leistungen gibt es zur Bedarfsposition eine Regelung im Vergabehandbuch (§ 9 A Nr. 4.2). Danach darf in Ausnahmefällen bis zu 10 % des geschätzten Auftragswertes als Bedarfsposition ausgeschrieben werden. Auch wenn keine Regelung zum Umfang von Wahlpositionen besteht, ist nur äußerst zurückhaltend hiervon Gebrauch zu machen, da verschiedene Ausführungsmöglichkeiten die Transparenz des Verfahrens beeinträchtigen. Verboten ist die Verwendung von Wahlpositionen immer, um damit vorhandene Planungsdefizite auszugleichen. Die Gesamtanzahl der Bedarfs- und Wahlpositionen muss eine sichere Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots i.S.d. § 97 Abs. 5 GWB (bzw. § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A) ermöglichen.Der Auftraggeber ist nach Treu und Glauben verpflichtet, die noch offenen Entscheidungen so schnell wie möglich zu treffen. Hinsichtlich der Wahlpositionen muss die Entscheidung grundsätzlich spätestens bei Auftragserteilung erfolgen, während über die Bedarfspositionen noch während der Bauausführung entschieden werden kann.Kann über die Wahlpositionen ausnahmsweise (z.B. aus technischen Gründen) nicht bei Auftragserteilung entschieden werden, so muss ein entsprechender Vertragsvorbehalt mit dem Bauhandwerker vereinbart werden. Unterbleibt der Vorbehalt, kommt der Vertrag mit der Grundposition zustande. Versuche, diese Rechtsfolgen durch spezielle Klauseln auszuschließen (etwa durch ein generelles Entscheidungsrecht des Auftraggebers) sind regelmäßig erfolglos, da sie den Auftragnehmer unangemessen benachteiligen und daher nach den Vorschriften des Gesetzes über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind.Von Wahl- und Alternativpositionen sollte daher nur äußerst zurückhaltend und nur in begründeten Fällen Gebrauch gemacht werden. Geschädigten Bietern können ansonsten Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsschluss zustehen.

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