Berücksichtigung vorhandener Bausubstanz bei den anrechenbaren Kosten

01. Mai 2003von Lg, Mai 2003

Architekt A. wendet sich mit folgendem Problem an die Rechtsberatung der Architektenkammer:

"Ich war mit Planungsleistungen an einem Großprojekt beauftragt. Dabei fielen u.a. auch Umbauarbeiten im Bestand an. Ich hatte mit meinem Auftraggeber für bestimmte Leistungsphasen keine schriftliche Vereinbarung dahingehend getroffen, dass die vorhandene Bausubstanz bei dem Ansatz der anrechenbaren Kosten entsprechend §10 Abs. 3a HOAI zu berücksichtigen sei. Nach Beendigung der Leistung stellte ich mein Honorar in Rechnung und berechnete dabei auch auf Grundlage des §10 Abs. 3a HOAI ein entsprechendes Honorar. Der Bauherr verweigert die Zahlung unter Berufung auf den Wortlaut der Vorschrift ('der Umfang der Anrechnung bedarf der schriftlichen Vereinbarung'). - Verweigert mein Bauherr die Zahlung zu Recht?"

Nein. Der Bundesgerichtshof hat in einem vergleichbaren Fall kürzlich entschieden, dass die Zahlungsverweigerung zu Unrecht erfolgte: Der BGH stellte fest, dass der Architekt oder Ingenieur bei einem Umbau die vorhandene Bausubstanz im Rahmen der anrechenbaren Kosten stets berücksichtigen kann, soweit diese technisch oder gestalterisch mitverarbeitet wird. Es bedarf hierzu keiner schriftlichen Vereinbarung. Eine etwaige Vereinbarung muss im Übrigen nicht bei Vertragsschluss getroffen werden; sie kann jederzeit nachgeholt werden.

Damit ist klargestellt, dass die Schriftform keine zwingende Anspruchsvoraussetzung für die Geltendmachung des Honorars durch den Ingenieur oder Architekten nach §10 Abs. 3a HOAI ist. Das heißt: Wird eine Vereinbarung betreffend der Anrechenbarkeit vorhandener Bausubstanz zwischen Bauherrn und Ingenieur/Architekt nicht getroffen (aus welchen Gründen auch immer), entfällt deshalb nicht die grundsätzlich und preisrechtlich bindende Anordnung, dass die vorhandene Bausubstanz nach Maßgabe des §10 Abs. 3a HOAI zu berücksichtigen ist.

Allerdings hat der BGH auch klargestellt, dass es bei der Einbeziehung der vorhandenen Bausubstanz in die anrechenbaren Kosten auf die tatsächliche Leistung des Ingenieurs bzw. Architekten für die Mitverarbeitung ankommt. Die vorhandene Bausubstanz ist bei den anrechenbaren Kosten solcher Leistungsphasen nicht zu berücksichtigen, bei denen der Architekt bzw. Ingenieur keine Leistungen gemäß §10 Abs. 3a HOAI, also im Sinne einer technischen oder gestalterischen Mitverarbeitung, erbringt. Vielmehr verlangt der BGH, dass die Leistungen in Bezug auf die vorhandene Bausubstanz auch tatsächlich einem Planungszweck dienen und sich nicht nur in einer „Darstellung des Gesamtobjekts“ erschöpfen (vgl. BGH, Urteil vom 27.02.2003 – VII ZR 11/02).

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