Darf der Architekt der Planung eines Sonderfachmanns vertrauen?

30. Mai 2012von te, 30.03.2012

Darf der Architekt der Planung eines Sonderfachmanns vertrauen? Oftmals kommt es bei Baumängeln zwischen den am Bau beteiligten Personen zum Streit darüber, wie die Verantwortungsbereiche des Architekten und der vom Bauherrn eingeschalteten Sonderfachleute voneinander abzugrenzen sind. Eine wichtige Frage, da Architekten in solchen Fällen häufig Haftungsansprüchen ausgesetzt werden. 

Bei der Planung eines Gebäudes ergeben sich Aufgabenstellungen, die aufgrund der erforderlichen Spezialkenntnisse über den Planungsbereich des Architekten hinausgehen. Dabei handelt es sich insbesondere um die Bereiche der Tragwerksplanung (Statik) und der technischen Gebäudeausrüstung. Ist in einzelnen Bereichen ein bestimmtes Fachwissen erforderlich, das der Architekt nicht hat und auch von ihm nicht erwartet werden kann, so muss ihm der Bauherr geeignete Sonderfachleute zur Erfüllung seiner Leistungen zur Verfügung stellen. 

Werden neben dem Architekten Sonderfachleute beauftragt, muss jeder der Beteiligten die ihm vom Auftraggeber beauftragten Werkleistungen so erfüllen, dass auf deren Grundlage ein mangelfreies und funktionierendes Gesamtwerk erstellt werden kann. Auftretende Baumängel stellen dann zugleich Mängel der Werkleistung des Sonderfachmanns dar, wenn sie durch eine mangelhafte Erfüllung der Aufgaben des Sonderfachmanns verursacht worden sind. Insofern ist auch der Sonderfachmann in seiner Haftung dem Architekten gleichgestellt. 

In der Regel haftet der Architekt nicht mit den eingeschalteten Sonderfachleuten. Eine Ausnahme hiervon besteht dann, wenn der Architekt die ihm obliegenden Integrations- und Koordinierungspflichten verletzt. In der Praxis ist es schwierig, im Einzelfall den Pflichtenkreis des Architekten und des Sonderfachmanns voneinander abzugrenzen. So sind beispielsweise vom Architekten spezielle Kenntnisse zur Überprüfung einer statischen Berechnung nicht zu erwarten. 

Der Architekt darf sich daher auf die Berechnungen eines Statikers verlassen, muss sich jedoch vergewissern, dass diese auf der Grundlage zutreffender und vollständiger bautechnischer Vorgaben vorgenommen worden sind, und sie zumindest auf Fehler oder Unvollständigkeiten überprüfen, soweit dies für ihn ohne Spezialwissen erkennbar ist. So urteilte das Oberlandesgericht Köln in einem kürzlich entschieden Fall (Urteil vom 17.08.2011, 11 U 16/11). Der auf Schadensersatz in Anspruch genommene Architekt konnte sich hier nicht ausreichend damit verteidigen, dass seine Planung auf den statischen Berechnungen eines Tragwerkplaners beruhte, weil er sich nicht vergewissert hatte, ob der Statiker von den richtigen, tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen war. 

Praxisempfehlung:

Die Abgrenzung der jeweiligen Verantwortungsbereiche von Architekten und Sonderfachplanern ist in der Praxis schwierig. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass den Architekten bei der Einschaltung eines Sonderfachmanns nur dann eine Prüfpflicht trifft, wenn er selbst über die entsprechenden Fachkenntnisse verfügt oder verfügen musste. Andernfalls haftet der vom Bauherrn eingeschaltete Sonderfachmann. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Architekt nicht davon entbunden ist, sein eigenes Architektenfachwissen auszuschöpfen und Planungsleistungen der Fachplaner zu koordinieren und in seine Planung zu integrieren. Dabei hat er auftretende Zweifel an der Richtigkeit der Planungsergebnisse der Fachplaner im Rahmen seiner allgemeinen Prüf- und Hinweispflicht zu äußern und sich zu vergewissern, dass die Fachplaner von den richtigen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen sind.   

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