Die Baukostenvereinbarung

29. September 2014von Dr. Florian Hartmann, Juli 2014

Architekt A wendet sich mit folgender Frage an die Rechtsberatung der AKNW:

„Wir hatten schon einmal über die Wirksamkeit von Baukostenvereinbarungen nach § 6 HOAI 2009 gesprochen (DAB 11/12/2013). Sie hatten mir berichtet, dass zu dieser Thematik eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs anstehe. Gibt es schon Neuigkeiten aus Karlsruhe?“

Ja! Der BGH hat kürzlich entschieden, dass § 6 Abs. 2 HOAI 2009 (und damit wohl auch § 6 Abs. 3 HOAI 2013) unwirksam ist (BGH, Urteil v. 24.04.2014, Az. VII ZR 164/13).

Nach § 6 Abs. 2 HOAI 2009 können die Vertragsparteien, wenn zum Zeitpunkt der Beauftragung noch keine Planungen als Voraussetzung für eine Kostenschätzung oder Kostenberechnung vorliegen, schriftlich vereinbaren, dass das Honorar auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten einer Baukostenvereinbarung berechnet wird. Dabei sind nachprüfbare Baukosten einvernehmlich festzulegen.

Nach Auffassung des BGH ist § 6 Abs. 2 HOAI 2009 unwirksam, weil die Vorschrift eine nicht gerechtfertigte Unterschreitung der Mindestsätze vorsieht. Eine Unterschreitung der Mindestsätze ist aber nur dann möglich, wenn, so schreibt es die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der HOAI vor, ein so genannter Ausnahmefall vorliegt.

Bei der Bestimmung solcher Ausnahmefälle, so der BGH, sind der Zweck der Mindestsatzregelung und die berechtigten Interessen der Beteiligten zu berücksichtigen. Die zulässigen Ausnahmefälle dürfen einerseits nicht dazu führen, dass der Zweck der Mindestsatzregelung gefährdet wird, einen ruinösen Preiswettbewerb unter Architekten und Ingenieuren zu verhindern. Andererseits können all diejenigen Umstände eine Unterschreitung der Mindestsätze rechtfertigen, die das jeweilige Vertragsverhältnis in dem Sinne deutlich von den üblichen Vertragsverhältnissen unterscheiden, dass ein unter den Mindestsätzen liegendes Honorar angemessen ist. Das kann der Fall sein, wenn die vom Architekten oder Ingenieur geschuldete Leistung nur einen besonders geringen Aufwand erfordert, sofern dieser Umstand nicht schon bei den Bemessungsmerkmalen der Honorarordnung zu berücksichtigen ist. Ein Ausnahmefall kann ferner beispielsweise bei engen Beziehungen rechtlicher, wirtschaftlicher, sozialer oder persönlicher Art oder sonstigen besonderen Umständen gegeben sein.

Kein Ausnahmefall liegt vor, wenn jeglicher Bezug zu den Umständen, der Art und dem Umfang der Aufgabe sowie der Leistung der Architekten und Ingenieure fehlt und damit dem Zweck des Gesetzes zuwider der Wettbewerb eröffnet wird. Das ist der Fall, wenn das Honorar, wie es § 6 Abs. 2 HOAI 2009 vorsieht, an eine einvernehmliche Festlegung der Baukosten geknüpft wird. Denn in diesem Fall spielen die Besonderheiten des Vertragsverhältnisses keine Rolle. Allein der Wunsch des Auftraggebers nach Kostensicherheit kann einen Ausnahmefall nicht rechtfertigen. Deshalb ist § 6 Abs. 2 HOAI 2009 (und damit wohl auch § 6 Abs. 3 HOAI 2013) unwirksam.

Der BGH stellt aber auch klar, dass die Unwirksamkeit von § 6 Abs. 2 HOAI 2009 nicht zur Folge hat, dass die Vertragsparteien überhaupt keine Honorarvereinbarungen im Rahmen der Mindest- und Höchstsätze wirksam treffen könnten, in der die anrechenbaren Kosten oder die ihnen zugrunde liegenden Faktoren im Vertrag festgelegt werden. Eine solche Vereinbarung ist nach wie vor immer dann wirksam, wenn sie nicht dazu führt, dass die Mindestsätze der HOAI unterschritten oder die Höchstsätze überschritten werden.

Praxishinweis
Der BGH ist mit seiner Entscheidung über die Entscheidung der Vorinstanz (Oberlandesgericht Koblenz, Urteil v. 05.06.2013, Az.: 5 U 1481/12) hinausgegangen. Die Vorinstanz hatte gesagt, dass lediglich an das öffentliche Haushaltsrecht gebundene Auftraggeber keine Vereinbarungen nach § 6 Abs. 2 HOAI 2009 schließen dürften. Nunmehr darf kein Auftraggeber – öffentlich wie privat – eine derartige Baukostenvereinbarung schließen. Für bereits abgeschlossene Verträge gilt: Die Baukostenvereinbarung ist unwirksam. Der Architekt bzw. die Architektin darf nach den allgemeinen Preisvorschriften der HOAI abrechnen, also insbesondere den Mindestsatz verlangen.

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