Erhöhte Überwachungspflicht bei der Altbausanierung

07. Mai 2007von be, 07.05.2007

Architektin F. bittet die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen um Rechtsauskunft zu folgendem Problem: 

„Ein Bauherr hat mich mit vertraglichen Leistungen entsprechend der Leistungsphasen 1 bis 8 HOAI für umfangreiche Sanierungsarbeiten an Mehrfamilienhäusern aus der Gründerzeit beauftragt. Während der Bauarbeiten habe ich aufgrund von erheblichem Zeitdruck die beteiligten Firmen selbst aufgefordert, die Bausubstanz stichprobenhaft auf Hausschwamm zu untersuchen; in dieser Zeit wurde allerdings nichts festgestellt. Erst nach Abschluss der Sanierungsarbeiten durch die ausführenden Firmen wurde der vorhandene Hausschwamm in den Mehrfamilienhäusern festgestellt. Für die Schwammsanierung entstehen nunmehr zusätzliche Kosten in Höhe von rund 40.000 €. Ein vom Bauherrn eingeholtes Sachverständigengutachten hat ergeben, dass diese Kosten hätten vermieden werden können, wenn die Schwammsanierung bereits im Rahmen der üblichen Sanierungsarbeiten durchgeführt worden wären. Der Bauherr beabsichtigt mich nun auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. - Mit Erfolg?“ 

Als Architektin haften Sie grundsätzlich, sofern Sie Sanierungsarbeiten an einem Altbau durchführen lassen, ohne die Bausubstanz zuvor auf Schwammbefall zu überprüfen.

In einem vergleichbaren Fall entschied das OLG Rostock, dass lediglich stichprobenhafte Überprüfungen allein durch ausführende Firmen nicht ausreichen. Danach muss der Architekt sich ein eigenes Bild vom Zustand der Bausubstanz verschaffen. Das Gericht führte aus, dass das Ausmaß der Überwachungspflicht des Architekten jeweils von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Beim Bauen im Bestand schuldet der Architekt demnach regelmäßig eine Bauüberwachung, die sich an den Besonderheiten der Altbausanierung zu orientieren hat. Zu den Aufgaben des Architekten gehört es daher auch zu überprüfen, inwieweit die alte Substanz aus dem 19. Jahrhundert zum Erhalt geeignet ist und Grundlage der Sanierungsarbeiten sein kann. Die Überprüfung ist gerade deshalb erforderlich, da bei unsanierten Altbauen oft mit Hausschwamm zu rechnen ist.

Die Rechtsprechung verlangt von Ihnen als Architektin beim Bauen im Bestand grundsätzlich eine noch intensivere Bauleitung als bereits bei Neubauten. Es ist daher ratsam, die Untersuchung genauestens zu dokumentieren und in das Bautagebuch aufzunehmen.

Die Rechtslage könnte lediglich in den Fällen anders zu beurteilen sein, in denen ein Sonderfachmann vom Bauherrn mit der Untersuchung beauftragt wurde und diese ausdrücklich nicht zu den Leistungen des Architekten gehörte.

Ein Anspruch des Bauherrn auf Schadensersatz kommt somit in Ihrem Fall in Betracht. Sie sollten den Schadensfall daher unverzüglich Ihrem Berufshaftpflichtversicherer melden.

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