Haftung des Architekten bereits bei Mitursächlichkeit für einen Bauüberwachungsfehler

29. September 2014von Dorothee Dieudonné, Oktober 2014

Architekt B wendet sich an die Architektenkammer NRW und bittet um Rechtsauskunft zu folgendem Problem:

„Ich war für einen Bauherrn mit der Planung und Bauüberwachung der Fassadensanierung eines Altbaus beauftragt. Zuvor hatte der Bauherr bereits ein Sanierungskonzept eines Fachplaners für das Gebäude eingeholt. Im Zuge der Sanierung haben die von mir beaufsichtigten Handwerker den alten Putz entfernt und neuen Fassadenputz angebracht. Nach der Fertigstellung zeigen sich nunmehr Risse im Putz, für die der Bauherr mich aufgrund meiner Bauleitung verantwortlich macht. Ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger hat ein Gutachten erstellt und festgestellt, dass der den Putz tragende Untergrund nicht ordnungsgemäß vorbereitet worden ist, was ich durch eine Sichtprüfung hätte feststellen können. Er hat des Weiteren festgestellt, dass unter dem Putz eine Salzsperre aufgebracht worden ist, die sich ungünstig auf die Haftung des Putzes auswirken könne, weil der Putz nicht schnell genug nach dem Auftrag der Salzsperre aufgebracht worden ist. Ich bin jedoch der Auffassung, dass für die Risse auch eine zu große Putzdicke sowie Risse im Untergrund ursächlich sein können, für die ich jedenfalls nicht verantwortlich bin.
Wie ist die Rechtslage? Bin ich wegen mangelnder Bauüberwachung in der Haftung?“


In einem vergleichbaren Fall hat das OLG Celle mit Urteil vom 29.1.2014 (AZ: 7 U 158/12) entschieden, dass bei einer Rissbildung in einem Sanierputz bereits die Mitursächlichkeit für die Schadenszurechnung ausreichend ist.

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte das Gericht festgestellt, dass die Risse in einem Sanierputz auf einem Bauüberwachungsfehler eines Architekten beruhen, der die ausreichende Vorbereitung des Untergrundes im Rahmen seiner Bauüberwachungspflicht nicht ausreichend überprüft und die Handwerker in Bezug auf die Verarbeitung des Sanierputzes in Kombination mit einer Salzsperre nicht ausreichend angewiesen hatte. Nach Auffassung des Gerichts konnte es offenbleiben, ob die Rissbildung auch noch weitere Ursachen wie eine zu große Putzdicke oder auch die Risse im Untergrund hatte. Es kam daher auch nicht darauf an, ob bezüglich dieser Ursachen möglicherweise kein Bauüberwachungsfehler des Architekten vorlag. In dem der Rechtsprechung zugrundeliegenden Fall konnte sich der Architekt auch nicht darauf berufen, dass ihn der zuvor mit dem Sanierungskonzept beauftragte Fachplaner nicht auf die Notwendigkeit der Prüfung des Untergrundes vor dem Aufbringen des Sanierputzes hingewiesen hatte.

Nach Auffassung des Gerichts ist der Architekt im Rahmen seiner Bauüberwachung verpflichtet, selbstständig die notwendigen Prüfungen durchzuführen. Er darf sich auf Angaben und Nichtangaben des Fachplaners insoweit nicht verlassen. Außerdem, so die Rechtsprechung, hätte sich angesichts des Alters des Gebäudes - im zugrundeliegenden Fall aus dem Jahre 1716 – die Überprüfung der Tragfähigkeit des Putzuntergrundes bereits aufdrängen müssen.

Nach Auffassung des Gerichts begründen auch die vorhandenen Risse in der Bausubstanz selbst kein Mitverschulden des Bauherrn, da ihn diesbezüglich im Verhältnis zum Architekten keine Sorgfaltspflicht trifft.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des OLG Celle kommt in dem von Ihnen geschilderten Fall bereits bei einer Mitursächlichkeit eine Haftung wegen mangelnder Bauüberwachung in Betracht. Dabei kann es für den Ausgang des Rechtsstreits unerheblich sein, dass die Rissbildung noch weitere Ursachen haben kann, für die Sie nicht verantwortlich sind. Der vom Bauherrn geltend gemachte Schaden ist der Berufshaftpflichtversicherung insofern schnellstmöglich zu melden.

Praxishinweis
Die Durchführung von Sanierungs- und Mauerwerksabdichtungen an einem Altbau wird von der Rechtsprechung als schwieriger und kritischer Bauabschnitt angesehen. Das macht eine gesteigerte Bauaufsicht in diesen Fällen zwingend erforderlich.

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