Kündigung auch ohne wichtigen Grund möglich

01. November 1999von be, November 1999

Architekt D. aus M. wendet sich mit folgendem Sachverhalt an die Rechtsabteilung der Architektenkammer:

"Ich habe mit meinem Bauherrn für den schriftlichen Architektenvertrag ein Vertragsmuster u.a. mit folgender Regelung verwendet: 'Der Vertrag kann von beiden Parteien nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden'.

Noch vor Abschluss der vertraglich vereinbarten Leistungen hat mein Auftraggeber nunmehr ohne Vorhandensein eines wichtigen Grundes den Vertrag gekündigt und sich auf Rechtsprechung berufen, wonach die vorgenannte vertragliche Regelung unwirksam sein soll. Meine Frage daher: Ist die Kündigung des Bauherrn ohne wichtigen Grund wirksam?"

Die freie Kündbarkeit des Architektenvertrages ist gesetzlich in § 649 BGB geregelt. Danach kann der Auftraggeber bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. Nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln (Urteil vom 25.02.1999) sowie auch des Bundesgerichtshofes (BGH-Urteil vom 08.07.1999 - VII ZR 237/98 - für Bauverträge) kann die gesetzlich geregelte jederzeitige Kündigungsmöglichkeit für den Auftraggeber (Bauherrn) nicht durch formularmäßige Klauseln ausgeschlossen und die Kündigung auf die Fälle eines wichtigen Grundes beschränkt werden.

Nach Auffassung der Rechtsprechung sind die Klauseln gemäß § 9 AGB-Gesetz unwirksam, weil sie den Vertragspartner des Architekten, der Verwender des Vertragsmusters und damit der allgemeinen Geschäftsbedingungen ist, "entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen" benachteiligen. Der Vertragspartner wird nach Auffassung des BGH entgegen der Wertung des § 649 BGB in seiner "Dispositionsfreiheit" beeinträchtigt. Nach Auffassung der Richter darf der Bauherr aber nicht in seiner Handlungsfreiheit beschränkt werden; so muss er zum Beispiel auch nach Vertragsabschluss mit dem Architekten in der Lage bleiben, sein Bauvorhaben wieder aufzugeben oder sein Grundstück zu veräußern.

Die formularmäßige Beschränkung des Kündigungsrechts auf Fälle eines wichtigen Grundes ist also unwirksam. Ungekehrt bedeutet das für Sie: Die Kündigung Ihres Bauherrn ist - auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes - rechtmäßig und wirksam.

Aus Rechtsicherheitsgründen sollten Sie daher zukünftig auf eine formularmäßige Klausel verzichten und gegebenenfalls eine Kündigungsregelung individuell mit dem Vertragspartner aushandeln. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass dem Architekten nach der vom Bauherrn ausgesprochenen und rechtlich zu vertretenen Kündigung gemäß § 649 Satz 2 BGB das vertraglich vereinbarte Honorar auch für die gekündigten Leistungen zusteht. Der Architekt muss sich jedoch gefallen lassen, dass der Auftraggeber dem Vergütungsanspruch dasjenige entgegenhält, was der Architekt in Folge der Aufhebung des Vertrages an

  • Aufwendungen erspart;
  • durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt;
  • oder böswillig zu erwerben unterlässt.

Die früher übliche Pauschalierung der Höhe der ersparten Aufwendungen auf 40 % ist nach Auffassung des BGH in Formularverträgen unwirksam. Der Architekt ist nunmehr verpflichtet, seine ersparten Aufwendungen konkret zu berechnen.

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