Informations- und Diskussionsveranstaltung der AKNW im Savoy-Theater Düsseldorf zum neuen Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)

Rechtsberatung durch Architekten?

Rechtzeitig vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes am 1. Juli 2008 nutzten rund 300 Kammermitglieder und Juristen Anfang April die Gelegenheit, sich über die Inhalte und Auswirkungen des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) für Architekten zu informieren. Die Architektenkammer NRW hatte Architekten, Richter und Rechtsanwälte zur traditionellen Veranstaltung „Architektur und Recht“ eingeladen, diesmal zu dem Thema des neuen RDG, welches das bisherige Rechtsberatungsgesetz im Sommer dieses Jahres ablösen wird.

04. April 2008von Dorothee Dieudonné

„Der Architekt steht im Rahmen der Erfüllung des Werkvertrages in einem gefährlichen Spannungsfeld“, betonte Hartmut Miksch, der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, in seiner Begrüßung. „Einerseits obliegt ihm gegenüber seinem Auftraggeber eine umfassende Beratungs-, Aufklärungs- und Hinweispflicht, die extrem rechtlich geprägt ist. Andererseits sind diese Pflichten bislang begrenzt durch das Rechtsberatungsgesetz, wonach Rechtsberatung nur durch Anwälte erlaubt ist.“ Mit dem neuen RDG werde sich ab dem Sommer 2008 eine völlig neue Situation ergeben.

Rechtsberatung als Nebenleistung

Das neue Rechtsdienstleistungsgesetz wird nach § 5 erlauben, dass Architekten im Zusammenhang mit ihrer Haupttätigkeit - nämlich der Planung - Rechtsdienstleistungen im außergerichtlichen Bereich als Nebenleistung erbringen dürfen. Herbert Schons, Rechtsanwalt und Vizepräsident der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf, betonte in seinem Vortrag über die sich ergebenden Änderungen: „Die Rechtswirklichkeit war ohnehin – auch unter dem bisher gültigen Rechtsberatungsgesetz – eine andere.“ Nach seiner Erfahrung hätten auch bisher schon Architektinnen und Architekten ihren Auftraggebern eine ganze Reihe von rechtlichen Hinweisen gegeben, etwa im Zusammenhang mit der Beantragung einer Baugenehmigung. Künftig sind solche konkreten, auf den Einzelauftrag bezogenen Rechtsberatungen also erlaubt. Der gesamte gerichtliche Bereich der Rechtsvertretung bleibt weiterhin den Rechtsanwälten vorbehalten, stellte Schons klar.

Annex zur Haupttätigkeit

Die Rechtsdienstleistung kann als Nebenleistung nicht isoliert vereinbart werden, sie muss sich stets als Annex aus der Haupttätigkeit, der planerischen Aufgabe der Architektinnen und Architekten ergeben; sie darf nicht im Vordergrund stehen. Als typisches Beispiel der Nebentätigkeit zum Architektenvertrag ist die Rechtsberatung im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens, insbesondere zu Abstandsflächen, zu nennen. Sensibilisiert wurden die die Zuhörer für die Problematik der Grenzen der erlaubten Rechtsberatung, vor allem bei Bereichen, wo Nicht-Juristen ohne hinreichende Rechtskenntnisse rechtsberatend tätig werden. Hier geht Schons davon aus, dass Architekten und Ingenieure schon aufgrund ihrer qualifizierten Ausbildung ein entsprechendes Problembewusstsein haben und daher die Grenzen selbst erkennen werden.  

Ein Recht, keine Pflicht

Wichtig war es auch für das Publikum zu hören, dass das neue RDG nach Auffassung des Referenten für die Architektenschaft keine neuen Pflichten, sondern lediglich ein Recht zur Rechtsberatung für den Bauherrn bringt, sei es bei der Einbringung von Vertragsmustern oder auch der Abwicklung von Gewährleistungsansprüchen. Schons: „Niemand kann Architekten nach dem neuen Gesetz zu einer Rechtsberatung zwingen“. Mit großem Interesse und unter aktiver Beteiligung des Publikums moderierte die Journalistin Hella Sinnhuber die anschließende Diskussion zwischen Rechtsanwalt Michael Garbes als Vertreter der Versicherungswirtschaft, Wilhelm Meier-Ebbers, Architekt und Mitglied des Vorstandes der AKNW, und dem Referenten Herbert Schons. Während Garbes die Auffassung vertrat, dass derzeit für die Versicherungswirtschaft keine Änderungsdruck spürbar sei, da das neue RDG nur das abbilde, was immer schon versichert war, prognostizierte Schons, dass die Probleme bei den Versicherern zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht angekommen seien. Das Prämienvolumen werde sich aber mittelfristig am Umfang der Rechtsberatung durch Architekten orientieren - und tendenziell steigen. Architekt Wilhelm Meier-Ebbers appellierte an seine Kollegen in Bezug auf die erlaubte Rechtsberatung: „Schuster bleib bei Deinen Leisten“. Natürlich erwarte der Bauherr zu Recht, dass der Architekt sich in bestimmten rechtlichen Fragen auskenne, die seine Alltagsgeschäfte berühren. Meier-Ebbers berichtete aus seiner Büropraxis: „Wir stellen unseren Bauherren durchaus Bauverträge zur Verfügung, diese lassen wir allerdings regelmäßig von unserem Rechtsanwalt überprüfen.“ Es sei wichtig für Architekten, die eigene Kompetenz genau einzuschätzen und im Zweifelsfall juristischen Sachverstand hinzu zu ziehen. 

Sachverständige

Im Rahmen der Diskussion wurde auch klar, dass im Sachverständigenwesen die gerichtliche Tätigkeit des Gutachters weiterhin durch den Beweisbeschluss des Gerichts bestimmt wird und vom RDG nicht berührt wird. Änderungen können sich für Sachverständige daher lediglich im außergerichtlichen Bereich ergeben, aber hier ist die Beantwortung von Rechtsfragen nur als Nebenleistung möglich. Keinesfalls jedoch, so betonte Schons nochmals, dürfe die Rechtsberatung des Bausachverständigen im Vordergrund stehen. Die Aktualität und außerordentliche Praxisrelevanz des neuen Rechtsdienstleistungsgesetzes wurde durch die zahlreichen und auch vielfältigen Fragestellungen und Beiträge von Seiten der Richterschaft, der Architekten und der Rechtsanwälte aus dem Publikum besonders deutlich.

Auszüge aus dem neuen Rechtsdienstleistungsgesetz, das am 1. August 2008 in Kraft treten wird: 

§ 5 RDG Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit

(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsfeld gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.

(2) Als erlaubte Nebenleistungen gelten Rechtsdienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer der folgenden Tätigkeiten erbracht werden:

1. Testamentsvollstreckung,
2. Haus- und Wohnungsverwaltung,
3. Fördermittelberatung

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