Stillschweigende Vertragskündigung grundsätzlich unzulässig

01. September 2001von Pe, September 2001

Architekt G. wendet sich mit dem folgenden Problem an die Rechtsberatung der Architektenkammer:

"Ich habe mit dem Bauherrn B. einen Vertrag über die Planung und Errichtung eines Einfamilienhauses abgeschlossen. Nach Beginn der Bauausführung kam es zu Unstimmigkeiten mit dem Bauherrn. Der Bauherr vergab Bauleistungen, ohne mich einzuschalten, und wurde selbst tätig bei der Bauüberwachung. Ich wurde von B. nicht mehr hinzugezogen. Aus diesem Grund habe ich meine Leistungen im Rahmen der Bauüberwachung eingestellt. Der Vertrag wurde jedoch weder von mir noch von B. ausdrücklich gekündigt. Jetzt, nach Fertigstellung des Bauwerks, zeigen sich aufgrund von Mängeln in der Außenabdichtung Feuchtigkeitsschäden. Planungsfehler konnten jedoch nicht festgestellt werden. Dennoch macht mich B. verantwortlich und hat mir eine entsprechende Mängelanzeige zukommen lassen. Er ist der Auffassung, ich sei wegen mangelhafter Bauüberwachung haftbar. Nach meiner Auffassung ist der Vertrag dagegen durch das eigenmächtige Handeln des Bauherrn während der Bauausführung gekündigt worden, so dass ich nicht mehr wegen mangelhafter Bauüberwachung in Anspruch genommen werden kann."

Ein Architektenvertrag ist vom Auftraggeber bis zur Vollendung des Werks grundsätzlich jederzeit frei kündbar, falls eine Kündigung nicht in wirksamer Weise (d. h. individualvertraglich und nicht durch vorformulierte Vertragsbedingungen) ausgeschlossen wurde. Seitens des Architekten kann der Vertrag gemäß §§ 642, 643 BGB nur aus wichtigem Grund gekündigt werden, z. B. wenn der Bauherr in Annahmeverzug ist und trotz Fristsetzung mit Kündigungsandrohung eine ihm obliegende Mitwirkungshandlung nicht ausgeführt hat.
Die Kündigung erfolgt in der Regel schriftlich. Sie kann aber auch mündlich erfolgen und muss auch nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann sich ausnahmsweise auch aus den Umständen ergeben. Man spricht in diesen Fällen von einer konkludenten Kündigung. Hierbei nimmt der Kündigende Handlungen vor, die mittelbar einen Schluss auf eine Kündigung zulassen. Die hier vorliegenden Umstände, dass Sie als Architekt die Bauüberwachung nicht mehr wahrgenommen haben und der Bauherr Sie nicht mehr hinzugezogen hat, reichen für die Annahme einer stillschweigenden Kündigung nach einer ähnlichen Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 14.09.2001 jedoch nicht aus. Diese Umstände lassen auch nicht auf eine einvernehmliche Vertragsaufhebung schließen.

Da der Vertrag somit nicht beendet wurde, waren Sie weiterhin zur Erbringung der Leistungen im Rahmen der Bauüberwachung verpflichtet. Sie hätten die ordnungsgemäße Durchführung der Außenabdichtung von sich aus beaufsichtigen müssen, selbst wenn B. Sie hierzu nicht mehr aufgefordert hat. Eine Schadensersatzforderung wegen mangelhafter Bauüberwachung ist daher nicht auszuschließen.

Die Architektenkammer NW empfiehlt, in derartigen Fällen unbedingt für Rechtsklarheit zu sorgen. Konkludente, also stillschweigende Erklärungen bedürfen stets der Ermittlung ihres Inhalts im Wege der Auslegung. Hierbei sind in der Regel mehrere Auslegungsmöglichkeiten denkbar, so dass Rechtsstreitigkeiten zwischen den Vertragspartnern vorprogrammiert sind. Vertragliche Erklärungen, insbesondere so wichtigen Inhalts wie bei einer Kündigung, sollten daher aus Beweisgründen unbedingt eindeutig und in schriftlicher Form abgegeben werden.
Falls der Bauherr nicht ausdrücklich kündigt und auch eine einvernehmliche Aufhebung des Vertrags nicht zustande kommt, sollte der Vertrag notfalls von Ihnen als Architekt gekündigt werden, soweit ein wichtiger Grund nachgewiesen werden kann. Vor der Kündigung sollten Sie genau überprüfen, ob diese Voraussetzung vorliegt. Fehlt es insbesondere an einem wichtigen Grund zur Kündigung, setzen Sie sich der Gefahr aus, wegen Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden.

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