Kommentar: Hitze im Sommerloch

Wie sollten wir mit dem Thema "Hitze in den Städten" umgehen? – Ein Kommentar von AKNW-Vizepräsident Klaus Brüggenolte.

21. Juli 2023

Liebe Kollegin,
lieber Kollege!

Die Sommerferien in Nordrhein-Westfalen haben ihre Halbzeit überschritten, bun­desweit ist politische „Sommerpause“ – und prompt wurde (nach Alligator, Pro­blembär und Kobra in den vergangenen Jahren) ein Sommerloch-Tier entdeckt: eine geheimnisvolle Löwin in Brandenburg.
Uns beschäftigt ein anderes Thema, zu dem die Pressestelle der Architektenkammer NRW ge­genwärtig viele Interview-Anfragen erhält: Wie können die Kommunen auf die zunehmende sommerliche Hitze reagieren?

Es ist gut, dass viele Zeitungen, aber auch Radio- und TV-Stationen sowie Online-Portale sich mit dieser Frage befassen. In unseren Stel­lungnahmen weisen wir darauf hin, dass die Problematik tiefer greift, als allein über bauliche Maßnahmen an Gebäuden (Dämmung, Klima­tisierung) oder kleinteilige Begrünungen (etwa von Bushaltestellendä­chern) nachzudenken. In unseren Presseinformationen arbeiten wir vielmehr heraus, dass die Bildung sogenannter Hitzeinseln in urbanen, verdichteten Räumen ein grundsätzliches Problem darstellt, das durch weitere Folgeerscheinungen des Klimawandels noch verstärkt wird – etwa Extremwetterereignisse wie Sturm und Starkregen.

Unstrittig ist: Verdichtete Bauweisen verhindern sowohl einen gleichmäßigen Luftaustausch als auch die Versickerung bzw. Verduns­tung von Regen. Gleichzeitig sorgen die dunklen Oberflächen von Hausdächern, Plätzen und Straßen sowie die Gewichtsmassen der Konstruktionen dafür, dass Sonnenenergie gespeichert und in der Nacht wieder als Wärme abgestrahlt wird. Mit der Folge, dass die Städ­te in den Sommernächten nicht mehr richtig abkühlen und deutlich heißer werden als ihr Umland.

Die zentrale Frage der Journalistinnen und Journalisten lautet na­türlich: Wie können Hausbau und Städtebau aussehen, die eine hohe Resilienz gegen die Klimafolgeerscheinungen gewährleisten?

Hier fallen unsere Antworten differenziert aus. So ist durch städte­bauliche Planung sicherzustellen, dass Frischluftschneisen vorhanden sind, die den Städten „das Atmen“ ermöglichen, also einen regelmä­ßigen Luftaustausch sicherstellen. Zudem dürfen keine weiteren Flä­chen mehr versiegelt werden. Vielmehr ist daran zu arbeiten, dass sys­tematisch entsiegelt wird – und zwar zugunsten von Grünflächen, die Lebensraum für Flora und Fauna bieten.

Auf der Quartiersebene werben wir für eine umfassende Dach- und Fassadenbegrünung, die dazu beiträgt, die Hitzeeinwirkung auf Au­ßenflächen zu vermindern. Eine geschickte Grundrissplanung mit Blick auf die Beson­nung, das Einplanen einer natürlichen Ver­schattung durch Vegetation sowie Vordächer und Jalousien können den sommerlichen Hit­zeschutz verbessern.

Auf Erstaunen trifft immer wieder der Hin­weis, dass das Gebäudeenergie-Gesetz (GEG) beim Neubau bereits den sommerlichen Hit­zeschutz vorschreibt. Auch das Wissen, dass Dämmung nicht nur vor Kälte schützt, son­dern auch vor Wärmeeinwirkung, ist bei vie­len Bürgerinnen und Bürgern nicht verbreitet.

Insofern geben uns die Medienanfragen in diesen sommerlichen Tagen die Möglichkeit, Verbraucherinnen und Verbraucher aufzuklä­ren und auch an sie zu appellieren, individuell dazu beizutragen, unsere Städte lebenswert zu halten und lebenswerter zu gestalten. Et­wa indem verantwortungsvoll mit der Garten­gestaltung umgegangen wird, indem Versie­gelung vermieden wird – und nicht zuletzt, in­dem möglichst viele Stadtbewohner*innen sich dafür einsetzen, dass toter, asphaltierter Straßenraum sukzessive in begrünte Erlebnis­räume umgestaltet wird, der für Jung und Alt attraktiv und gut nutzbar ist.

Wir Architektinnen und Architekten, Innen­architekt*innen, Landschaftsarchitekten sowie Stadtplanerinnen und Stadtplaner sind aufge­rufen, in unserem Umfeld, in persönlichen Ge­sprächen und in politischen Foren über diese Zusammenhänge aufzuklären. Das kann schon mal hitzig zugehen; das grundsätzliche Inter­esse aber – nicht nur der Medien – ist riesen­groß.

Einen kühlen Kopf und schöne Sommerta­ge wünscht Ihnen Ihr

Dipl.-Ing. Klaus Brüggenolte
Vizepräsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen

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