Kommentar: Hitze im Sommerloch
Wie sollten wir mit dem Thema "Hitze in den Städten" umgehen? – Ein Kommentar von AKNW-Vizepräsident Klaus Brüggenolte.
Liebe Kollegin,
lieber Kollege!
Die Sommerferien in Nordrhein-Westfalen haben ihre Halbzeit überschritten, bundesweit ist politische „Sommerpause“ – und prompt wurde (nach Alligator, Problembär und Kobra in den vergangenen Jahren) ein Sommerloch-Tier entdeckt: eine geheimnisvolle Löwin in Brandenburg.
Uns beschäftigt ein anderes Thema, zu dem die Pressestelle der Architektenkammer NRW gegenwärtig viele Interview-Anfragen erhält: Wie können die Kommunen auf die zunehmende sommerliche Hitze reagieren?
Es ist gut, dass viele Zeitungen, aber auch Radio- und TV-Stationen sowie Online-Portale sich mit dieser Frage befassen. In unseren Stellungnahmen weisen wir darauf hin, dass die Problematik tiefer greift, als allein über bauliche Maßnahmen an Gebäuden (Dämmung, Klimatisierung) oder kleinteilige Begrünungen (etwa von Bushaltestellendächern) nachzudenken. In unseren Presseinformationen arbeiten wir vielmehr heraus, dass die Bildung sogenannter Hitzeinseln in urbanen, verdichteten Räumen ein grundsätzliches Problem darstellt, das durch weitere Folgeerscheinungen des Klimawandels noch verstärkt wird – etwa Extremwetterereignisse wie Sturm und Starkregen.
Unstrittig ist: Verdichtete Bauweisen verhindern sowohl einen gleichmäßigen Luftaustausch als auch die Versickerung bzw. Verdunstung von Regen. Gleichzeitig sorgen die dunklen Oberflächen von Hausdächern, Plätzen und Straßen sowie die Gewichtsmassen der Konstruktionen dafür, dass Sonnenenergie gespeichert und in der Nacht wieder als Wärme abgestrahlt wird. Mit der Folge, dass die Städte in den Sommernächten nicht mehr richtig abkühlen und deutlich heißer werden als ihr Umland.
Die zentrale Frage der Journalistinnen und Journalisten lautet natürlich: Wie können Hausbau und Städtebau aussehen, die eine hohe Resilienz gegen die Klimafolgeerscheinungen gewährleisten?
Hier fallen unsere Antworten differenziert aus. So ist durch städtebauliche Planung sicherzustellen, dass Frischluftschneisen vorhanden sind, die den Städten „das Atmen“ ermöglichen, also einen regelmäßigen Luftaustausch sicherstellen. Zudem dürfen keine weiteren Flächen mehr versiegelt werden. Vielmehr ist daran zu arbeiten, dass systematisch entsiegelt wird – und zwar zugunsten von Grünflächen, die Lebensraum für Flora und Fauna bieten.
Auf der Quartiersebene werben wir für eine umfassende Dach- und Fassadenbegrünung, die dazu beiträgt, die Hitzeeinwirkung auf Außenflächen zu vermindern. Eine geschickte Grundrissplanung mit Blick auf die Besonnung, das Einplanen einer natürlichen Verschattung durch Vegetation sowie Vordächer und Jalousien können den sommerlichen Hitzeschutz verbessern.
Auf Erstaunen trifft immer wieder der Hinweis, dass das Gebäudeenergie-Gesetz (GEG) beim Neubau bereits den sommerlichen Hitzeschutz vorschreibt. Auch das Wissen, dass Dämmung nicht nur vor Kälte schützt, sondern auch vor Wärmeeinwirkung, ist bei vielen Bürgerinnen und Bürgern nicht verbreitet.
Insofern geben uns die Medienanfragen in diesen sommerlichen Tagen die Möglichkeit, Verbraucherinnen und Verbraucher aufzuklären und auch an sie zu appellieren, individuell dazu beizutragen, unsere Städte lebenswert zu halten und lebenswerter zu gestalten. Etwa indem verantwortungsvoll mit der Gartengestaltung umgegangen wird, indem Versiegelung vermieden wird – und nicht zuletzt, indem möglichst viele Stadtbewohner*innen sich dafür einsetzen, dass toter, asphaltierter Straßenraum sukzessive in begrünte Erlebnisräume umgestaltet wird, der für Jung und Alt attraktiv und gut nutzbar ist.
Wir Architektinnen und Architekten, Innenarchitekt*innen, Landschaftsarchitekten sowie Stadtplanerinnen und Stadtplaner sind aufgerufen, in unserem Umfeld, in persönlichen Gesprächen und in politischen Foren über diese Zusammenhänge aufzuklären. Das kann schon mal hitzig zugehen; das grundsätzliche Interesse aber – nicht nur der Medien – ist riesengroß.
Einen kühlen Kopf und schöne Sommertage wünscht Ihnen Ihr
Dipl.-Ing. Klaus Brüggenolte
Vizepräsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
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