Vergabe und Baukultur
Intensiv diskutierte der Vorstand der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen in seiner Sitzung am 5. November die Vorhaben zur Novellierung des Vergaberechts in Deutschland. „Wir sehen eine starke Tendenz zu GÜ- und TU-Verfahren“, berichtete Präsident Ernst Uhing in Düsseldorf aus Diskussionen auf Bundesebene. Zwar sei das Ziel der Bundesregierung, öffentliche Vergabeverfahren zu vereinfachen, zu digitalisieren und zu beschleunigen, im Grundsatz richtig. „Dabei darf aber weder der baukulturelle Anspruch noch die besondere Struktur der mittelständischen Planungswirtschaft in Deutschland ignoriert werden“, unterstrich der Vorstand der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.
Die Bundesregierung hatte im Herbst 2024 ein „Vergabetransformationspaket“ vorgelegt, für welches das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz nun die Länder- und Verbändeanhörung eingeleitet hat. Die deutschen Architektenkammern werben dafür, dass Planungsleistungen weiterhin getrennt von Bauleistungen ausgeschrieben werden. „Das Vergabetransformationspaket ist in der vorliegenden Form ein Frontalangriff auf den Mittelstand“, erklärte Harald Wennemar, Vorsitzender des Ausschusses „Wettbewerb und Vergabe“. Es sei nicht hinnehmbar, dass das Vergaberecht so umgestaltet werde, dass Bauwerke nur noch als Handelsgut gesehen würden. Der Vorstand bekräftigte, dass die Architektenschaft ein effizientes Baumanagement anstrebe. Gleichwohl dürfe die Qualität unserer gebauten Umwelt im Sinne der gewachsenen Baukultur nicht vernachlässigt werden.
Kirchenmanifest gezeichnet
Um ihrem gesetzlichen Auftrag der Förderung der Baukultur nachzukommen, hatte die Architektenkammer NRW im Jahr 2000 die Landes-Baukultur-Initiative mitgegründet. Der Vorstand beschloss, dass die AKNW im kommenden Jahr mit Veranstaltungen zum 25-jährigen Jubiläum von „Baukultur NRW“ beitragen wird. „Wir sind und bleiben ein aktiver Partner unserer Landesinitiative“, bekräftigte Kammerpräsident Ernst Uhing. „Gerade in Zeiten der ökologischen und ökonomischen Transformation müssen wir die Bedeutung der Qualität unserer gebauten Umwelt öffentlich bekräftigen und ihre bewusste Weiterentwicklung politisch einfordern.“ Der Vorstand der AKNW beschloss zudem einstimmig, das „Kirchenmanifest“ zu unterzeichnen, mit dem Akteur*innen aus Baukultur, Baugeschichte und Wissenschaft für die Entwicklung von Trägermodellen für aus der Nutzung gefallene Sakralbauwerke werben.
Gebäudetyp-E für NRW
Der Vorstand der Architektenkammer NRW diskutierte verschiedene aktuelle Anträge zum Themenfeld Wohnungsbau und Stadtentwicklung, mit denen sich der Landtag NRW gegenwärtig befasst.
So hatte die FDP-Fraktion Anfang Oktober einen Antrag mit dem Titel „E wie einfach und experimentell – NRW muss ‚Gebäudetyp E‘ umsetzen und Baukosten senken“ in das parlamentarische Verfahren eingebracht. In dem Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, klarzustellen, dass mögliche Hindernisse für die Implementierung des „Gebäudetyp-E“ in den Ausführungsvorschriften zur Landesbauordnung im Dialog mit der Baukostensenkungs-Kommission ausgeräumt werden sollten. Überdies möge die Landesregierung 25 Pilotprojekte für den „Gebäudetyp-E“ auf den Weg bringen. Der Vorstand der AKNW zeigte sich erfreut, dass die FDP die wiederholt positionierten Forderungen der Architektenkammer NRW in dieser Form gegenüber dem nordrhein-westfälischen Landtag aufgreift. Der AKNW-Vorstand stellte mit Blick auf einen Antrag der AfD-Fraktion zum geförderten Wohnungsbau klar, dass hier dringend wieder mehr Kapazitäten geschaffen werden müssten. „Wenn wir über die Notwendigkeit sprechen, mit dem Gebäudetyp-E wieder einfachere Komfortstandards im Wohnungsbau möglich zu machen, so gilt das allerdings für den Wohnungsbau insgesamt“, betonte der Kammervorstand.
Innenstadtentwicklung
„Die Stärkung unserer Innenstädte und Ortszentren braucht eine Perspektive“, lautet ein aktueller Landtagsantrag der SPD-Fraktion, zu dem der Vorstand einstimmig eine Stellungnahme verabschiedete. Die AKNW fordert, das Landesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Ortszentren“ finanziell aufstocken und Regelungen zu treffen, damit leerstehende innerstädtische Gewerbeflächen in Wohnungen umgewandelt werden können. „Dazu müssen Anforderungen und Auflagen ggf. im Rahmen einer Oldtimerregelung angepasst werden“, so die Erfahrungswerte der AKNW-Vorstandsmitglieder. Grundsätzlich bekräftigt die AKNW ihre Forderung nach einer „Dreifachen Innenentwicklung“: maßvolle Nachverdichtung, urbane Freiraumentwicklung und Umsetzung der Mobilitätswende.
Vielfalt, Chancengleichheit
Die Architektenkammer NRW wird im kommenden Jahr anlässlich des „Tags der Vielfalt“ die Themen Vielfalt und Diversität sowie Chancengleichheit in einer Fachkonferenz kritisch diskutieren. Der Vorstand hieß den Vorschlag der AKNW-Arbeitsgruppe „Chancengleichheit“ gut, die unter Vorsitz von Innenarchitektin Barbara Eitner ein Programm für eine Online-Konferenz entwickelt hatte. Die AKNW wird die halbtägige Fachtagung im Juni als Beitrag zum bundesweiten Festival „Women in Architecture“ (WiA) durchführen.
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